Ein MES oder Manufacturing Execution System ist ein integriertes bzw. ganzheitliches Software-System, um die Produktion vom Wareneingang bis zur Auslieferung des fertigen Produktes zu managen. Also kurz gesagt, die eierlegende Software-Wollmilchsau der Produktions-IT. Denn mit einem MES decken Sie so ziemlich alle wichtigen Aufgaben des Informationsmanagements in der Produktion ab:
Dadurch können Sie mit einem MES genau die Aufgaben umsetzen, die für die eher betriebswirtschaftlich orientierten ERP-Systeme der Unternehmensleitebene zu produktionsnah sind. Auf der anderen Seite müssen Sie die eher technisch bzw. prozessnahen Steuerungs- und Automatisierungssysteme nicht mit der Fertigungssteuerung bzw. -management überfrachten.
Diese Aufgabenverteilung sieht die International Society of Automation (ISA) übrigens genauso und platziert MES-Lösungen auf dem sogenannten Level 3 des ISA-95 Standards zwischen ERP-Systemen (Level 4) und dem Shopfloor bzw. der Fertigungsausführungsebene (Level 0, 1 und 2). In der betrieblichen Praxis kommt es allerdings oftmals zu einer Durchmischung der einzelnen Ebenen, da auch Software-Lösungen zur Unterstützung der Fertigungsausführung und Automatisierung von den Daten eines MES profitieren, z.B. bei der Validierung von manuellen Eingaben. Über spezielle Software-Lösungen, z.B. für die Betriebsdatenerfassung, das Energiemanagement oder dem Qualitätsmanagement müssen Sie sich also in Ihrer Produktion theoretisch dank eines MES keine Gedanken mehr machen.
Warum zum Teufel stopfen Unternehmen nun aber Ihre komplette Produktionsleitebene in eine integrierte MES-Lösung? Ist man da nicht viel zu abhängig und unflexibel? Zum einen provozieren Sie mit der richtigen MES-Architektur keinen Vendor Lock und können agil auf veränderte Rahmenbedingungen reagieren, auf der anderen Seite bestechen MES-Lösungen durch eine Reihe an unschlagbaren Vorteilen:
Kurz: Eine MES-Lösung kann den Informationsfluss und die einhergehenden Materialbewegungen und Kosten optimieren, für mehr Prozessstabilität sorgen und somit den Wertstrom effektiver und effizienter gestalten.
Die vielen Vorteile eines MES (Manufacturing Execution Systems) kommen natürlich nicht von ungefähr. Denn schließlich stecken solche Lösungen voller Funktionen, um den gigantischen Informationsbedarf der Produktion abzudecken. Das wollen wir uns doch mal näher anschauen und einen Blick auf die typischsten Teil-Funktionen bzw. Module einer MES-Lösung werfen:
Die Betriebsdatenerfassung ist üblicherweise das Herzstück jeder MES-Lösung. Kein Wunder. Denn wer Fertigungsaufträge planen, ausführen, validieren und nachvollziehen oder Transportaufträge und Maschinendaten zur Optimierung von Durchlaufzeiten auswerten möchte, braucht vor allem eines: Daten. Und davon gibt’s reichlich in der Produktion. Demzufolge ist es auch nicht verwunderlich, dass die Betriebsdatenerfassung oftmals eine ganze Bandbreite an Funktionen zur Erfassung, Anzeige und Monitoring mitbringt:
Was nützen Fertigungsaufträge, wenn weder Material, noch Maschinen oder Personal zu Verfügung stehen? Um zu verhindern, dass Ihre Produktion im Chaos versinkt, müssen die entsprechenden Produktionsfaktoren geplant werden. Ebenso muss eine Überwachung des Arbeitsfortschritts möglich sein. Dafür sorgen in einem MES folgende Funktionen:
In diesem Zusammenhang wollen wir natürlich nicht unerwähnt lassen, dass diese Funktionen auch ein SAP ERP, z.B. mit dem SAP-Modul SAP APO (Advanced Planner and Optimizer), mitbringt. Ihre MES-Lösung würde in diesem Fall via RFC oder OData auf diese Daten bei Bedarf zugreifen.
In der Material- und Produktionslogistik einer MES-Lösung werden die Bestände und Umlaufbestände der Produktion verwaltet. Und das aus gutem Grund, denn schließlich bilden Materialkosten den größten Kostenblock in der Industrie. Folgende Funktionen werden in der Material- und Produktionslogistik realisiert:
Die Produktion ist ein Wertstrom, bestehend aus Informationen, Material und Kosten. Und damit man zu jedem Zeitpunkt weiß, wo sich die Materialien oder ganz praktisch Chargen, Montageteile und Fertigungsaufträge befinden, gibt es Tracking und Tracing-Funktionen im MES. Die Realisierung erfolgt meistens in Form von Barcode-Lösungen oder manchmal sogar mit Beacons, die in Wareneingänge, Arbeitsgänge oder an den Transportmitteln der Intralogistik integriert werden. Den goldenen Abschluss bildet meistens die Produktdokumentation, die alle für die Auslieferung des Produktes notwendigen Nachweise, Zeugnisse und Zertifikate enthält. Tracking und Tracing umfasst folgende Kernfunktionen:
Die Einstellung von Maschinen, Anlagen und Rezepturen hat einen großen und vor allem qualitätsrelevanten Einfluss auf das Endprodukt. Und da man die Maschinen selbst oftmals auf dem freien Markt kaufen kann, können diese Daten sogar einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz darstellen – der Fünfminutenvorsprung, wie man so schön sagt. Die für die Produktion verwendeten Technologien, Rezepturen und Parameter werden zudem gerne verwendet, um diese mit Prozessstabilität, Qualität, Fehlerquoten und Ausfallzeiten in Korrelation zu setzen. Die einzelnen Funktionen umfassen:
Irgendjemand muss ja in der Produktion die Arbeit machen. Nun ja. Zumindest, wenn er die richtige Qualifikation hat und sich nicht gerade im Urlaub befindet. Die wichtigsten Funktionen in diesem Zusammenhang sind:
In diesem Zusammenhang empfiehlt es sich in einer MES-Lösung nur produktionsnahe Daten, z.B. spezielle Zusatzqualifikationen oder Rollen, innerhalb der Produktion zu erfassen. Alles andere sollte dann doch in einer Software-Lösung der Unternehmensleitebene erfolgen. Denn schließlich haben sich in diesem Bereich zahlreiche Dienstleister spezialisiert und bieten z.B. Lösungen mit SAP HCM an – nichts für ungut. Hinzukommt, dass Arbeitszeiten und Löhne eine starke Abhängigkeit zu Controlling, Buchhaltung und Co. haben und da ist SAP ERP nun mal die unangefochtene Nummer 1 der Software-Systeme.
Energie ist in den letzten Jahren zu einem großen Kostenfaktor herangewachsen, den Sie unbedingt im Auge behalten müssen. Die gute Nachricht: Die Erfassung und Verwaltung von Energiedaten lässt sich mit Hilfe moderner Messtechnik sehr gut durch MES-Lösungen abbilden und automatisieren, da sie eine Reihe von Energiemanagement-Funktionen realisieren können:
Im immer enger werdenden Wettbewerb mit der Konkurrenz, müssen deutsche Unternehmen vor allem mit Qualität punkten, denn den Preiskampf haben schon längst Konkurrenten aus China und anderen asiatischen Ländern gewonnen. Dabei geht es schon längst nicht nur um die Sicherstellung der Produkteigenschaften, sondern auch um die Einhaltung von Normen, wie z.B. die ISO 9001, oder gesetzlichen Richtlinien. Für Ihre MES-Lösung bedeutet dies, dass Sie zum einen Qualitätsprüfungen durchführen und dokumentieren müssen und zum anderen für Ihre Kunden entsprechende Berichte in Form von Produktdokumentationen, Zertifikaten, Zeugnissen oder zumindest Berichten bereitstellen. Und für den Fall, dass Sie Qualitätsprobleme in der Produktion identifizieren, sollte natürlich auch eine Ursachenforschung möglich sein. Qualitätsmanagement-MES-Module bzw. das CAQ (Computer Aided Quality Assurance) bieten genau dafür die passenden Funktionen:
Über die vorgestellten MES-Funktionen hinaus gibt es in der Regel immer auch Module, die individuell für das jeweilige Unternehmen entwickelt wurden. Dies betrifft meistens spezielle Anwendungsfälle, die von der integrierten Datenbasis einer MES-Lösung profitieren, um beispielsweise durch den Abgleich von Stammdaten, Prozesse zu validieren und zu verhindern, dass es zu einer falschen Durchführung von Fertigungsaufgaben kommt. Damit verschmilzt eine MES-Lösung häufig auch mit der Ausführungsebene der Fertigung. Eine Anwendung für einen Montagearbeitsplatz, um mit Hilfe von Artikelstammdaten zu verhindern, dass ein falsches Montageteil verbaut wird, ist ein gutes Beispiel für eine solche Software-Lösung. Erfolgt dann auch noch eine Sperrung des Montagesystems, z.B. eines Schraubsystems oder eine automatische Parametrisierung des Drehmoments, ist die Verschmelzung mit dem Shopfloor perfekt. Hier sei auch noch erwähnt, dass die Kategorisierung eines MES als reine Software-Lösung für die Fertigungsleitebene eher als Orientierung gedacht ist. Am Ende kommt es schließlich immer auf den Mehrwert der Anwendung an.
Die groben Funktionen eines MES sind zwar durchaus standardisiert, allerdings gibt es nicht die eine MES-Software-Lösung. Macht ja auch Sinn. Sonst gäbe es ja nicht tausende Anbieter und Dienstleister. Der Hauptgrund ist offensichtlich: Es gibt einfach sehr viele verschiedene Industriezweige und Betriebe, die sich in ihren Produktions-Technologien und -abläufen unterscheiden.
Klar, die Produktion eines Folienherstellers sieht logischerweise ganz anders aus als bei einem Betrieb der Bremssysteme fertigt. Teilweise treten aber auch große Unterschiede aufgrund historisch gewachsener Strukturen und regionaler Unterschiede sogar innerhalb mehrerer Betriebe des gleichen Unternehmens auf, obwohl sie dasselbe Produkt herstellen, z.B. aufgrund:
Und da eine gute MES-Lösung sich an die Produktion anpasst und nicht umgekehrt, investieren viele Unternehmen auch gar nicht erst Monate oder sogar Jahre, um sich irgendeine vermeidliche Standard-MES-Lösung anzuschaffen, die sie krampfhaft an ihre Produktionsprozesse anpassen und für die sie auch noch Lizenzkosten bezahlen müssen – wohlbemerkt, nachdem man mehrere zehntausende Euro in dessen Customizing gesteckt hat.
Kurz: Echte Standard-Lösungen gibt es für ein MES nicht, es gibt höchsten Software-Lösungen, die mal mehr und mal weniger weit entfernt sind von dem, was Sie vorhaben. Um zu einer MES-Lösung zu kommen, müssen Sie entweder fleißig konfigurieren oder entwickeln lassen.
Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, ein Hello-World-Programm keinen Softwareentwickler und eine MES-Software ist noch lange keine MES-Lösung. Warum? Bevor Ihre Produktion wirklich von der Einführung eines solchen Systems profitiert ist einiges an Vorarbeit zu leisten:
Drei Dinge sollten Sie also mitnehmen:
Eine MES-Software alleine ist noch keine Lösung. Insbesondere im Hinblick auf die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit bedarf es einer hinreichenden Anforderungsanalyse, die Optimierungspotentiale, z.B. zur Minimierung der Durchlaufzeiten oder Umlaufbestände, offenlegt. Da kommen alte Bekannte, wie TPS oder Lean Produktion, wie gerufen, die eine wunderbare Quelle für konkrete Prinzipien und Methoden darstellen.
Sie können davon ausgehen, dass eine MES-Lösung aufgrund ihrer Mächtigkeit und Vielseitigkeit Sie eine ganze Weile begleitet – nach unserer Erfahrung etwa 15 bis 20 Jahre. Da fallen die Kosten für die initiale Einrichtung oder Entwicklung eher marginal ins Gewicht. Das meiste Geld fließt in Wartung und Weiterentwicklung. Haben Sie Ihr MES von einem Hersteller erworben, fallen auch noch saftige Lizenzgebühren an. Wenn Sie hier Boden gut machen können, beispielsweise mit ausgereiften und effizienten Software-Technologien, wie z.B. .NET, und einem zuverlässigen Dienstleister, der Ihnen sogar den Quellcode hinterlässt, sparen Sie sich einiges.
Auch in Sachen Software-Lösungen muss die Produktion von heute immer flexibler reagieren. Haben Sie sich jedoch eine proprietäre MES-Software angelacht, die nur von einem Dutzend Produkt-Gurus beherrscht wird, kann das zum Problem bei der Weiterentwicklung werden. Da hat man es mit einer MES-Lösung deren Quellcode man besitzt und die z.B. auf .NET-Technologien basiert, schon einfacher. Da können Sie aus tausenden spezialisierten Entwicklern wählen. Oder Sie fragen einfach mal uns, denn wir sind als Microsoft Partner nicht nur auf .NET spezialisiert, sondern auch nur einen Klick entfernt.