Die Ölkrise Anfang der 70er Jahre nahm den etablierten Wirtschaftsstrategen ihr liebstes Spielzeug weg: Das Wachstum. Die anschließende Rezession machte der bis dato in der Industrie gängigen Massenproduktion den Garaus. Losgrößen stupide erhöhen, um die Stückkosten zu senken – frei nach dem Motto: „Was man produziert, kann man auch verkaufen!“ – war nicht mehr drin.
Und jetzt raten Sie mal, wer trotz alledem seinen Gewinn steigern konnte – obwohl der nominelle Umsatz stockte, die Wirtschaft schrumpfte und die Nachfrage nach Autos sank: Toyota. Plötzlich waren alle Augen auf den japanischen Außenseiter gerichtet.
Toyotas Erfolg war natürlich kein Zufall. Schon seit dem zweiten Weltkrieg erkannte Taiichi Ohno, ein Produktionsleiter und der geistige Vater des Toyota-Produktions-Systems, kurz TPS: Wer Kosten Senken und den Gewinn maximieren möchte, muss die Verschwendung vor allem in der Fertigung beseitigen. Zeitgleich etablierte sich ein weiterer Gedanke in Toyotas Produktion: Just-In-Time, also die Herstellung von Produkten, wenn Sie vom Kunden gebraucht werden – und nur dann!
Daran hat Toyota nun aber auch im japanischen Hinterstübchen jahrelang gefeilt. Konkret hieß es, vor allem Losgrößen zu senken und Rüstzeiten zu minimieren. Und dafür hat sich vor allem Ohno einiges einfallen lassen:
Das TPS zielt also auf die Beseitigung von Verschwendung (Muda) ab. Auch wenn die Motivation damals sicherlich vor allem in der Reduzierung von unnötigen Kosten lag, klingt das Ziel Verschwendung zu reduzieren, doch ziemlich nach einer nachhaltigen Fertigungs-Philosophie. Und tatsächlich führt das TPS bzw. die Lean Produktion in der Praxis häufig zu einer Reduzierung von Abfällen, Minimierung von Materialpuffern und Umlaufbeständen und damit zu einer Gewinnsteigerung, ohne dass zwingend die Nachfrage bzw. der Umsatz wachsen muss. Erstaunlich nachhaltig, finden Sie nicht?
Gesättigte Märkte, ein geringes Wirtschaftswachstum und hohe Rohstoffpreise, z.B. für Öl und Gas, wie wir Sie in Deutschland und der EU vorfinden, bieten in diesem Zusammenhang eine ideale Gelegenheit, um darüber nachzudenken, ob wir uns nicht einiges von der Geschichte abschauen können. Die Herausforderungen klingen jedenfalls sehr ähnlich zu denen des TPS. Es kann also nicht schaden, mal über Muda und die Beseitigung von Verschwendung im eigenen Unternehmen, der Fertigung oder sogar in der Softwareentwicklung nachzudenken.
Bisher haben wir das Muda-Konzept eher aus einem philosophischen Blickwinkel betrachtet. Konkrete Maßnahmen erfordern aber nun mal auch eine konkrete Vorstellung von Verschwendung. Zum Glück hat uns der japanische Produktionsmeister Ohno diese Arbeit schon abgenommen und die sieben Arten von Verschwendung identifiziert:
Auch wenn das Muda-Konzept sich im ersten Moment eher nach Industrie-Esoterik anhört, nimmt man mit dem Verschwendungsbegriff also ziemlich konkrete Übeltäter ins Visier. Fakten, die man hautnah in seiner Fertigungshalle gesammelt hat, sind natürlich erste Sahne, wenn es darum geht, konkrete Möglichkeiten zur Beseitigung der Verschwendung zu identifizieren. Wem das nicht sofort gegönnt ist, für den gibt es Daten, die auch zu Ohnos Zeiten schon als sehr nützlich betrachtet wurden. Aber keine Sorge: Da eine virtuose Informationsflut ebenfalls Verschwendung wäre, gibt es auch gleich die passende Muda-konforme Verschwendungs-Übersicht in Form einer knackigen Kennzahl dazu: Der OEE-Kennzahl, die in keinem Fertigungsunternehmen fehlen sollte.